Piratenpartei startet Parteiprogramm-Erweiterung mit Liquid Democracy, setzt auf Transparenz und Mitbestimmung
Die Piratenpartei Österreichs hat ihre partizipative Onlineplattform LiquidFeedback in Betrieb genommen, mit der das Parteiprogramm, das bisher auf einige Kernthemen fokussiert ist, bis zur kommenden Nationalratswahl basisdemokratisch zum Vollprogramm ausgebaut wird.
„Liquid Democracy“, das Konzept dahinter, ist eine neuartige Mischform aus direkter und repräsentativer Demokratie. Es handelt es sich um ein dynamisches, transparentes System, das unflexible hierarchische Entscheidungsstrukturen ablösen kann und breitere Partizipation ermöglicht, ohne Beschlüsse zu lähmen.
Die Piratenpartei fordert den Einsatz ähnlicher Instrumente in der Politik. „Die Vielzahl an Korruptionsskandalen zeigt: Wir müssen unser System mit Transparenz und Mitbestimmung so umbauen, dass Machtmissbrauch grundsätzlich erschwert wird. Es ist nicht genug, neue Politikerinnen und Politiker zu suchen, denen die Bevölkerung diesmal aber wirklich restlos vertrauen kann“, so Lukas Daniel Klausner, Themenkoordinator für Wahlrecht, Verwaltung und Demokratie. „Wir machen ein völlig neues Angebot: Statt die hundertsten zu sein, die bloß versprechen, schlauer und moralischer als die anderen zu sein, werden wir mehr Kontrolle und Teilhabe ermöglichen.“
„Wir wollen aber weder bloß scheinbare ‚Bürgerbeteiligung’, bei der sich die Regierung aussucht, welche Fragestellungen sie den Wählerinnen und Wählern zum Abnicken vorlegt, noch ‚Basisdemokratie’, wo alle in jedes einzelne Anliegen involviert werden und Entscheidungen ewig dauern. Liquid Democracy zeigt hier einen möglichen Weg auf“, erklärt Daniel Gruß, LiquidFeedback-Administrator.
Mit dem Programm, das in Deutschland als freie Software entwickelt wurde, können Mitglieder für die verschiedenen Themenbereiche des Parteiprogramms je nach Kompetenz und Zeitbudget entweder direkt über Initiativen abstimmen oder ihre Stimme delegieren. Empfänger solcher Delegationen können das übertragene Stimmrecht dann selbst wahrnehmen oder gegebenenfalls wiederum weiterdelegieren. Delegationen können jederzeit geändert werden. Jedes Mitglied kann Anträge, Gegeninitiativen oder Verbesserungsvorschläge einbringen. Eine Gliederung der Abstimmung in verschiedene Phasen (insgesamt über zwei Monate) kühlt emotional aufgeladene Debatten ab und vermindert populistische Anlassgesetzgebung.
Unter https://lqfb.piratenpartei.at ist der Prozess (aus Datenschutzgründen anonymisiert) öffentlich einsehbar. Die Partei bietet regelmäßige Schulungen an, um auch technisch weniger versierten Mitgliedern die Teilnahme zu ermöglichen.
Nach mehrmonatiger Testphase werden Abstimmungsergebnisse in LiquidFeedback nun ab dem 23. 9. innerparteilich bindend sein, wodurch die derzeit bei 67% liegende Quote der aktiven Stimmberechtigten noch weiter steigen wird. Zu den mehr als hundert Themen, zu denen derzeit Diskussionen laufen, gehören unter anderem der ESM, eine Finanztransaktionssteuer und die Wehrpflicht.
Die Piratenpartei, die zuletzt ihren 1500. Mitgliedschafts-Antrag entgegengenommen hat, veranstaltet im September im Burgenland, in Kärnten und in Salzburg konstituierende Landesparteitage. In über 15 Städten gibt es bereits regelmäßige Stammtische. Am 27. Oktober werden einige unlängst vakant gewordene Vorstandsposten bei der Bundesgeneralversammlung in Graz nachbesetzt, wo auch die Vorbereitungen auf die Gemeinderatswahl im Frühling 2013 schon auf Hochtouren laufen.
Rückfragehinweis:
Bundesvorstand Piratenpartei Österreichs, bv AT piratenpartei DOT at
Rodrigo „Salsabor“ Jorquera, +43 660 12 50 164, rodrigo.jorquera AT piratenpartei DOT at
Patryk „luxperpetua“ Kopaczynski, +43 650 666 82 50, patryk.kopaczynski AT piratenpartei DOT at