„Weil das immer so war“ antwortete Vizekanzler Spindelegger gestern im ORF auf die Frage, warum der Zivildienst drei Monate länger dauere als der Wehrdienst. Damit offenbarte er nicht nur die erschreckende Konzeptlosigkeit seiner Partei in der Wehrpflichtfrage, sondern brachte auch die fehlende Fähigkeit der Parlamentsparteien, über den Tellerrand ihrer Wahltaktik hinauszusehen, auf den Punkt.
In seiner Parteizentrale wurde zu dem Zeitpunkt lautstark gefeiert – schließlich habe man ja „gewonnen“. Die Grünen widerum meinten, die „uneinheitliche Linie“ der SPÖ habe der von ihnen vertretenen Seite „sehr geschadet“. Strache verlangte prompt den Rücktritt des nun „verloren“ habenden Verteidigungsministers. Komisch – stand doch keine dieser Parteien oder Personen auf dem Wahlzettel.
Diese Aussagen demonstrieren deutlich: Bei dieser Befragung ging es zu keinem Zeitpunkt um die Findung einer inhaltlich optimalen Lösung oder der ernsthaften Mitbestimmung mündiger Bürgerinnen und Bürger. Das Thema wurde im (Landtagsvor-)Wahlkampf (!) vom Zaun gebrochen. Die Parteizentralen brachten ihre offiziellen Positionen in Stellung, auch wenn sich dafür so mancher verbiegen musste. Wer nach genauen Modellen fragte, wurde auf den Tag nach der Volksbefragung (!) vertröstet. Statt faktenbasierten Entscheidungsgrundlagen wurden über Werbekampagnen Slogans verbreitet.
Gelernte Österreicher überrascht das alles nicht – schließlich war auch das ja „schon immer so“.
Die Piratenpartei gibt sich damit nicht zufrieden. Wir treten an, den angerichteten Schaden an den Mitteln der direkten Demokratie zu reparieren, und stellen eine bessere Frage als die, die am Stimmzettel stand: Reicht es wirklich noch, alle fünf Jahre ein Kreuzchen zu machen und dazwischen höchstens als Stimmvieh für Wahlkampagnen herangezogen zu werden?
Unter BessereFrage.at stellen wir unser Modell für direkte Demokratie vor, die diesen Namen tatsächlich verdient hat: Verpflichtende Abstimmungen über erfolgreiche Bürgerinitiativen, Vetomöglichkeiten gegen Gesetzesvorhaben, ein Wahlrecht mit stärkerer Persönlichkeitskomponente.
Wir attestieren: Dieses Parteiensystem ist kaputt. Vom Klubzwang über die verdoppelte Parteienfinanzierung bis hin zum ungewählten neuen Parlamentsklub des Team Stronach ist klar: Nicht das Gemeinwohl, sondern die Sicherung von Macht und Pfründen steht hier im Vordergrund. Und die Medien spielen großteils mit, wie an der atemlosen Berichterstattung über Sieger und Verlierer zu erkennen war.
Die wirklichen Verlierer blieben indes die Wahlberechtigten, obwohl sie mit einer unerwartet hohen Beteiligung klar demonstrierten, sich Gehör verschaffen zu wollen.
Es wird die Piraten brauchen, damit sie auch gehört werden.
Kommentare
2 Kommentare zu Instrumentalisierung der Wählerinnen und Wähler – „weil das immer so war“
Die wirklichen Verlierer sind die gerade heranwachsenden jungen Männer, die nun gezwungen werden, Militärdienst oder doppelt solangen Zivildienst zu leisten. Jungen Menschen werden 6 oder 12 Monate ihrer Lebenszeit geraubt, nur weil sie mit dem “falschen” Geschlecht geboren wurden. Die SPÖ hat aus wahltaktischen Gründen etwas losgetreten, das anschliessend nur halbherzig unterstützt wurde. Die SPÖ hat denjenigen das Feld überlassen, die vollkommen haltlos vor NATO-Beitritt, EU-Battlegroups und Angriffskriegen fantasiert haben – ausbaden muss es nun die nächste Generation. Man kann nur hoffen, dass sich die jungen Leute merken, von wem sie verraten wurden.
IST-STAND:
6 Monate – Dienst mit Waffe
oder
9 Monate – Zivildienst (Dienst ohne Waffe)
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