Piraten: Kindesmissbrauch effektiv verfolgen, nicht instrumentalisieren
Obwohl zu keiner Zeit Zweifel an unserer diesbezüglichen Haltung und Einstellung bestand, spricht sich die Piratenpartei Österreichs aus gegebenem Anlass in aller Deutlichkeit gegen jegliche Verharmlosung von Kindesmissbrauch und Kinderpornographie aus.
Unter einer äußerst unglücklich gewählten Überschrift, die geeignet ist, ein falsches und abstoßendes Bild zu vermitteln, stellt Rick Falkvinge auf seinem privaten Blog theoretische Überlegungen zu den spezifischen Gesetzeslagen zu Kinderpornographie in Schweden und den USA und zu ihren praktischen Auswirkungen an. [1]
Rick Falkvinge ist zwar der Gründer der ersten Piratenpartei, bei seinen Wortmeldungen handelt es sich jedoch um seine Privatmeinung, die keine Rückschlüsse auf Positionen der Piratenpartei Österreichs zulässt. Wir finden seinen Blogpost missverständlich formuliert und halten fest, dass es bei uns Piraten keinerlei Debatten oder Anstrengungen in die von Falkvinge vorgeschlagene Richtung gibt.
Falkvinge spricht jedoch offensichtlich nicht eine Legalisierung von Kindesmissbrauch oder der Produktion von kinderpornographischem Material an. Vielmehr weist er auf unbeabsichtigte Nebenwirkungen und Lücken der Gesetzeslage hin, sowie auf kommende technische Entwicklungen, die seiner Ansicht nach eine Spezifizierung der entsprechenden Gesetze erfordern.
Er verweist unter anderem darauf, dass das Besitzen von kinderpornographischen Dokumenten im US-amerikanischen Recht teilweise stärker bestraft wird als der Kindesmissbrauch selbst. Es ist klar, dass eine solche Rechtslage dem Wertebewusstsein der Rechtsgemeinschaft widerspricht.
Falkvinge verweist weiters darauf, dass die Gesetzeslage paradoxerweise die Dokumentation, Verfolgung und Aufdeckung von Kinderpornographie durch z. B. investigative Journalisten erschwert. Es stellt sich hierbei unter Umständen auch das juristische Problem, Zeugen und Ermittler von Konsumenten zu unterscheiden. Aus diesem Grund unterstützt auch die Schwedische Journalistengewerkschaft Falkvinges dahingehende Forderung. [2]
Eine weitere Problematik der geltenden Rechtslage liegt laut Falkvinge darin, dass das schwedische Gesetz Gewaltverbrechen gegen Kinder mit der Selbstdokumentation konsensualer Handlungen Siebzehnjähriger gleichsetzt. Nicht zuletzt argumentiert Falkvinge, dass eine strenge Verfolgung des bloßen Besitzes von Filmdokumenten mit kinderpornographischen Inhalten in Bezug auf die Verfolgung und Ächtung von Kindesmissbrauch sogar kontraproduktiv sein kann.
Ebenso verweist er auch kritisch darauf, dass die Verfolgung von Kinderpornographie oft als vorgeschobener Grund für allgemeine Zensur- und Überwachungsabsichten herangezogen wird. Gerade ein so scheußliches Verbrechen wie Kindesmisshandlung eignet sich leider als Deckmantel für die unhinterfragte Einschränkung der Grundrechte der Internetbenutzer und in weiterer Folge aller Bürgerinnen und Bürger.
Ungeachtet der anderen von Falkvinge angesprochenen Punkte lehnen die Piraten als Partei, die die Bürgerrechte und Grundrechte im Informationszeitalter verteidigt, eine missbräuchliche Verwendung emotional aufgeladener Themen zur Beschränkung der Freiheitsrechte der Bürger ab. Wir verurteilen deswegen die Instrumentalisierung des Kindesmissbrauchs im Dienste des Ausbaus von Zensur und Überwachung.
Kindesmissbrauch muss so effektiv wie irgendwie möglich verfolgt werden. Die Piraten treten dafür ein, strafgesetzwidrige Handlungen auch in Zukunft ohne gleichzeitigen Eingriff in die Grundrechte Unbeteiligter zu verfolgen.
[1] http://falkvinge.net/2012/09/07/three-reasons-child-porn-must-be-re-legalized-in-the-coming-decade/
[2] http://journalisten.se/nyheter/uselt-forslag-nagot-mindre-uselt und http://journalisten.se/nyheter/lindblom-hulthen-barnporrlagen-ar-censur
Kommentare
11 Kommentare zu Stellungnahme der Piratenpartei Österreichs zu Rick Falkvinges Blogeintrag zu Kinderpornographie
Sauber getextet. Da können sich die deutschen Piraten eine dicke Scheibe von abschneiden. Deren hysterische PM ist mehr als peinlich.
Zu blöd, ich kann Euch nicht wählen – die deutschen Piraten ja gestern ihre Selbstzerlegung vervollständigt.
Vielen Dank für diesen Text! Man sollte ihn wirklich unter den Titel stellen “Was Falkvinge eigentlich sagen wollte und niemand verstehen wollte”.
Und ja, das Statement ist sehr viel souveräner verfasst als die panische PM unserer deutschen Piraten.
Ich schließe mich den Vorrednern an: Super PM, so hätte ich mir das von der deutschen PP auch gewünscht. Schade, dass ich Euch nicht wählen kann.
Hm, jetzt muss ich wohl nach Österreich auswandern, um noch guten Gewissens Pirat sein zu können. Die Deutsche PM ist ja mal wieder ein Epic Fail in einer langen Geschichte von Fails. Die alten Säcke haben bei uns die Führung übernommen und alles weichgespült. Ich hoffe das bleibt euch erspart. Betrachtet die PPDE als mahnendes Beispiel.
Es gibt jetzt 2 weitere Beiträge der Piratenpartei Deutschland zum Thema:
https://www.piratenpartei.de/2012/09/11/warum-kinderpornografie-nicht-straffrei-sein-darf-ein-gastbeitrag-von-udo-vetter/
https://www.piratenpartei.de/2012/09/11/rick-falkvinges-barendienst-ein-gastbeitrag-von-andreas-popp/
Viele Grüße
René
Danke für die Klarstellung. Gut, dass dieser Blog nicht auf Deutsch ist.
der Witz daran ist ja, dass
1. (NICHT einvernehmlicher) Kindersex genau all jenes Brechen des Willens enthält, wie es in Kinder”erziehung” alltäglich ist
(je konservativer, je mehr; und das Problem ist nicht Porno oder Pornobild sondern die Angst vor den Erwachsenen, die es offen oder unterschwellig erzwingen, und dass Kinder IMMER irgendwelchen “Erziehungs”Berechtigten” ausgeliefert sind und bis 12 oder 14 oder 18 genau das in ertragen müssen: perfekt legal wenn nur Sex ausgeklammert ist …)
2. Offenheit von Kinderpornos (die schon existieren) tatsächlich NICHT die Nachfrage erhöhen, wenn nicht für sie BEZAHLT wurde
(was dem Pädophilen die Kinderpornos, sind dem Neonazi die Holocaustfotos, an denen er sich begeilt: wäre es sinnvoll, sie zu zensurieren? HolocaustLeugner und HandAbhacker der Scharia lösen dieses Problem sicher nicht …)
3. damit fast erstmals die Frage entsteht, ob “Justiz” über ritualisierte Rache jemals hinaus entwickelt wurde
(entstand “Straf”Recht” jemals anders denn durch die Kette Gruppenhysterie — mein grosser Bruder ist stärker als dein grosser Bruder — GerechtigkeitsBehauptung mit VernunftAnspruch — VerurteilungsBezahlung von RichterInnen? Gegen HandtaschlRaub hilft ja nicht ein Raubparagraph sondern eher, zu mehreren unterwegs zu sein …)
4. damit der ketzerische Gedanke aufdämmert, ob Justiz überhaupt demokratisch legitimiert ist
(wer schreibt wem was vor, und sollten wir nicht besser MITeinander auskommen als einander Vorschriften machen? …)
5. fast immer als Totalismus wiederkehrt, was als “gerecht” und “Vernunft” begonnen hat, wenn erst einmal Rituale und “Institutionen” entstanden sind
(selbst wer demokratische Legitimationen seriös in Frage stellt, wandelt auf einem hauchdünnen Grat über der Lynchjustiz: wer durch den Medienkakao gezogen wird, mit oder ohne “Unschulds”Vermutung”, von dem wird fast immer als VerbrecherIn gedacht; demokratisch legitimiert muss heissen “jede(r) hat das Recht, dass nicht von Anderen über die Person entschieden werden darf” …)
6. Sex unter 18 in den USA automatisch als Vergewaltigung (!) “behandelt” wird (einvernehmlich oder nicht) und Sex unter 14 in Europa automatisch als sexuelle Misshandlung (!) “behandelt” wird (einvernehmlich oder nicht), wenn Ältere beteiligt sind
(das Gesetz verwendet diesen Ausdruck nicht sondern spricht nebulos von “Missbrauch”, den Rest erledigen die Medien der veröffentlichten Meinung …)
7. Sex anscheinend weltweit in jungen Jahren interessanter ist, wenn er verboten ist: in KatholenBlüteZeiten landete Vieles auf dem Scheiterhaufen, aber Sexverbote wurden — Sünde, die gebeichtet und gebüsst werden musste — geradezu als Ansporn gehandhabt
(Sex wie Gymnastik als selbstverständlichen UnterrichtsGegenstand zu behandeln, würde ihn vermutlich uninteressant machen und vielleicht sogar die Überbevölkerung reduzieren, auch wenn jetzt ein Shitstorm über diese Vermutung losbrechen mag …)
eine kleine Kritik an der Kritik an Ricks 1.These: das Beispiel des überfahrenen Kindes, das von einer Gruppe ChinesInnen am Boden liegen gelassen wurde,
(Mitte 1.Absatz) http://www.piratenpartei.de/2012/09/11/rick-falkvinges-barendienst-ein-gastbeitrag-von-andreas-popp/
hat weniger mit “Abstumpfung” zu tun, als mit der Angst, nur ja nicht mit kritischen Situationen in Berührung zu kommen, die “Strafe” oder Rache o.ä. mit sich bringen könnten (wenn etwa die Eltern das Ganze entdecken und man als Falscher beschuldigt werden könnte etc.etc.)
*** diese Angst ist in *** JEDEM Totalismus *** weit verbreitet, ***
und gerade in Fernost — nicht nur in China — noch heute deutlich spürbar, man denke nur an den Umgang mit Fukushima seit März 2011
(sogar der kürzlich angekündigte Atomausstieg bis 2040 scheint übrigens schon wieder zu wackeln: die Regierung sei “schwach” und werde “möglicherweise zurücktreten” etc.etc.)
Kinderpornographie muss unbedingt verboten werden. Und Kinderschänder müssen sterilisiert werden. Mehr dazu auf meinem Blog.
Die Piratenpartei hat im Prinzip die Möglichkeit, vieles in Österreich zum Besseren zu wenden. Aber die Piratenpartei muss aufpassen, dass sie nicht zu einer linken Partei wird. Es ist z. B. falsch, das Inzestverbot aufzuheben. Und es ist falsch, Kinderpornographie auf irgendeine Weise zuzulassen.
ok das war vielleicht etwas zu lang, ich geb es zu.
Was ich kritisiere: mit Ketten von (unberechtigten) Kausalitäten machen da manche ihr Geschäftchen, zb
Handtaschlraub(plärr) => Polizei her => Polizei muss arbeiten können => mehr Pistolen & Taser
oder Kinderporno(plärr) => verbieten => kastrieren => Irrtum? na und, wird schon …
oder (noch unsinniger) Terror(plärr) => Datenvorratsspeicherung => Verfassung/Menschenrechte ade
aber
weder den HandtaschlBeraubten noch den Kindern hilft nichts davon,
denn
gegen das Brechen des Willens (bei Kindern genauso wie beim Handtaschlraub) — gegen das kein “Straf”gesetz und keine Haft und kein (ggf.) Legalmord hilft — überlegt sich keine(r) was,
Deshalb
ist es viel wertvoller, sich besseren Umgang miteinander zu überlegen. Mit “links” hat das nichts zu tun (siehe Linkstotalismus a la Stalin etc.), sondern mit AntiTotalismus:
Gestern
gelesen:
ein gutes Beispiel, wie es BESSER geht, gibt es in Moskau. http://orf.at/stories/2143946/2143928/
Frauen, die sexuell belästigt werden, filmen mit ihrem Mobiltelefon mit und stellen das auf Youtube. Wenn das nicht den Spass verdirbt …
Genauso haben es die New Yorker in den 1990ern geschafft, wo Polizei von Mafia und Steuergeld abkassierte aber niemandem im Central Park half, alle hatten Angst gehabt dorthin zu gehen.
Was passierte?
in den 1990ern gingen die NewyorkerInnen scharenweise abends in den Central Park und feierten dort Massenparties. Ein paar Jahre später musste niemand mehr nachts im Central Park Angst haben, auch allein nicht.
DAS half. Nicht die “strengen”Strafen” zuvor …
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