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Wir leben Basisdemokratie

Der Staat, dem nie was schiefgeht: PRISM und die Vorbilder

Was verbindet PRISM mit dem „War on Drugs“ und dem Krieg in Afghanistan? Die erschreckenden Nebenwirkungen.

Diese Kolumne von André Igler, Mitglied des Bundesvorstands, erschien am 26.7. in der Zeitschrift E-Media.

Mein Stiefvater, ein Engländer, hatte von den US-Amerikanern, die mit ihm in der Normandie am D-Day, dem Tag der alliierten Invasion, gekämpft hatten, stets eine klare Meinung. „Beautiful material“, pflegte er zu sagen, „but lousy soldiers.“ Auf Nachfrage sagte er dann sinngemäß, sie hätten wunderbares Kriegsmaterial besessen, aber bevor sich die Soldaten irgendwo hintrauten, hätten sie immer alles in Grund und Boden bombardiert. Und nur mit Material könne man eben keinen Krieg gewinnen.

So führen die US-Amerikaner alle ihre Auseinandersetzungen: als ungeheure Materialschlachten.
Erfahrungsgemäß verliert man dabei gerne einmal den Überblick …

Der verlorene Krieg.

So hatte den „War On Drugs“, den „Krieg gegen die Drogen“, seinerzeit schon Präsident Richard Nixon im Jahr 1972 ausgerufen, der kostet die USA derzeit, vierzig (!) Jahre später, jedes Jahr rund 45 Milliarden Dollar und bringt kaum Erfolge: Es sitzen dreimal so viele Bürger als 1972 in immer überfüllteren Gefängnissen, und halb Südamerika hat ein Problem mit drogenfinanzierten Kriegen und Gewaltorgien, die es ohne den „War On Drugs“ in dieser Form wahrscheinlich gar nicht gäbe.

Die Briten nennen das spöttisch das „Law of Unintended Consequences“, das Gesetz der unbeabsichtigten Nebenwirkungen, und verweisen in diesem Zusammenhang gerne darauf, dass der Drogenkonsum in den USA seither deutlich gestiegen ist.

Geld spielt keine Rolle.

Und jetzt eben der „War On Terror“, den George W. Bush nach den Attentaten auf das World Trade Center und das Pentagon ausgerufen hat. Der hat dem Land zwei Kriege beschert, nämlich Irak und Afghanistan, und Ausgaben in geradezu unvorstellbaren Dimensionen – alleine der Abzug vom Hindukusch kostet mehr als 70 Milliarden Dollar.

Der nächste Krieg, sagte Generalleutnant Keith Alexander, Chef der National Security Agency NSA schon 2009, werde im Cyberspace statt nden, und auch hier lassen sich die USA nicht lumpen: Im US-Bundesstaat Utah soll in diesem September ein Datenzentrum eröffnet werden, das laut Plan über zwei Milliarden Dollar kosten soll (man darf davon ausgehen, dass es nur teurer werden kann), das Utah Data Center.

Wenn man bedenkt, dass heute 64 Gigabyte Daten auf einen einzigen USB-Stick passen und dann erfährt, dass das neue Datenzentrum mehrere Quadratkilometer groß wird, kann man sich ausrechnen, welche Speicherkapazitäten dort gerade installiert werden. Weltweit zapft die NSA alle digitalen Kommunikationskanäle an, was sie (noch) nicht entziffern kann, wird zwischengespeichert. Wer weiß, was unsere Computer schon
morgen alles können.

Jedes Mal, wenn ich mich näher mit der Materie beschäftige – zum Beispiel jetzt – und mir die Zahlen vor Augen führe, wird mir schlecht. Ich frage mich, wann die USA diesmal die Kontrolle verlieren werden.

Den Feind finanziert.

Nur so als Beispiel: Bevor die UdSSR Afghanistan besetzte, bauten afghanische Bauern größtenteils Cannabis an (Wer kann sich noch an den Schwarzen Afghanen erinnern?). Erst die US-Geheimdienste brachten den Bauern am Hindukusch den Opiumanbau bei und wie man daraus Heroin gewinnt – damit die Sowjets ein Drogenproblem bekämen. Die Strategie ging auf, die Sowjets bekamen tatsächlich mit Heroin in der Armee ein Problem – heute allerdings finanzieren in Afghanistan riesige Mengen Heroin-Drogengeld den Krieg gegen die USA. Dazu passt, dass die USA seinerzeit auch die Gründung der Taliban mitfinanziert haben, ebenfalls, um die Sowjets zu ärgern. Jener Taliban, die heute mit besagtem Drogengeld den Krieg gegen die USA gewinnen.

Das ist dann genau derselbe Staat, der  nicht nur – meist illegal – jede Menge Daten weltweit abschöpft und bunkert, sondern auch hoch und heilig versichert, es sei nur zu unser aller Nutzen, und es sei völlig ausgeschlossen, dass mit diesen Daten je irgendein Schindluder getrieben werde oder dass – horribile dictu – Unbefugte darauf Zugriff bekämen.

Ich geh’ mir jetzt einen tiefen Keller suchen, um dort ganz laut lachen zu können. Nicht ohne vorher meine Forderung zu formulieren:
Irgendwer wird diesen Wahnsinn stoppen müssen.
Wahrscheinlich wir alle.
Und hoffentlich schon sehr bald.


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